Top News_03 2016 Aug 2016

INVESTMENT

Artikel: Rolf Krahe, Leiter Investment Research der BCA AG

Brexit, Dexit, Fixit, Grexit, Swexit, … ?!

©Sergey Nivens – Fotolia.com

planvolle Berücksichtigung von mehreren Alternativen. Dazu zählt auch die Überzeugung, diese Flexibilität konsequent zu nutzen. Das gilt auch für das Thema Brexit. Während die Engländer aus der EU aussteigen, berichten Medien, dass die Deutschen beim Thema „Festgeld“ wieder einsteigen. Auch das Horten von Bank- noten habe zugenommen. Das „Weitersparen“ der Deutschen be- ruht darauf, dass diese Anlageformen die Deutschen beruhigen, sie einen „psychologisch disziplinierenden Effekt“ bewirken. Die Tages- zeitung „Die Welt“ zitierte dazu jüngst eine entsprechende Forsa- Umfrage im Auftrag einer Bank. Die Deutschen würden mit einem Festgeld im Vergleich zu „früher“ zwar nichts verdienen, man verlie- re aber auch nichts. Und schließlich hätten der Brexit und die ande- ren Unwägbarkeiten keine negativen Effekte auf diese Anlagearten. Bereits offensichtlich ist eine Inflation bei den „Asset-Preisen“. Ver- schiedene Anlagealternativen (Assets) steigen im Wert: Immobilien, Edelmetalle, nicht wenige Preise von Aktien gut aufgestellter Unter- nehmen. Selbst einige festverzinsliche Wertpapiere steigen jetzt noch im Kurs. Schließlich kauft die Bundesbank mittlerweile Unterneh- mensanleihen. Sie reduziert über die durch die Käufe ausgelösten Kurssteigerungen das Renditeniveau. Einige Anleger kaufen Festver- zinsliche mit negativen Renditen auf Endfälligkeit in der Hoffnung, sie später mit Kursgewinnen wieder veräußern zu können. Schließlich ist die Negativrendite nur klein und gut kalkulierbar. So rentieren die frisch herausgegebenen 10-jährige Anleihen der Bundesrepublik Deutschland negativ auf Endfälligkeit. Auch diversen anderen Anlage- alternativen werdenWertsteigerungen nachgesagt, die sich aber nicht – wie bei Aktien, Festverzinslichen und Edelmetallen – über hochliqui- de Märkte mit täglicher Preisfeststellung nachvollziehen lassen. Bleiben wir bei der Frage von oben: „Was kann als Nächstes kommen?“

Wer hätte gedacht, dass … ? „Nur Wenige!“, lautet die Antwort. Unverhofft kommt oft – im Schlechten, wie im Guten. Fukushima, die deutsche Wiedervereinigung, 9/11, der hohe Verschuldungs- grad in Südeuropa, eine Baufinanzierung für rund 1 % Zinsen, der Liter Diesel für weniger als 1 Euro – und natürlich die Volksabstim- mung in England. Was kommt als Nächstes? Viele Unsicherheiten prägen aktuell die Geldanlage-Landschaft. Nur eines ist sicher: Die aktuelle 10-jährige Staatsanleihe der Bundesrepublik Deutsch- land hat keinen Kupon. Der Zins ist Null. Im Sommer 2016 leiht sich Deutschland 5 Milliarden Euro für 10 Jahre kostenlos. Der Sommerurlaub kann beginnen. Die Urlaubssaison ist da. Viele, die mit dem Auto in Urlaub fahren, nutzen ein Navigationssystem. Start und Ziel sind bekannt, das Navi schlägt eine optimale Stre- cke vor. Doch wissen wir, was als Nächstes kommt? Ein Unfall an- derer Verkehrsteilnehmer irgendwo in der Ferne, aber auf unserer optimalen Route? Ein Pannenfahrzeug? Ein heftiges Unwetter? Ein überfluteter Tunnel? Viele Faktoren sind ungewiss. Daher sollten wir uns also mit genügend Vorlauf fragen: Was ist bei Ungewissheit das Wichtigste? Die Flexibilität! Übertra- gen auf die Autofahrt in den Urlaub bedeutet es: sich Alternativen offenhalten. Und sich vorab mit diesen Alternativen befassen und „aufschlauen“. Das gilt auch für den Beifahrer. Zusätzlich zum Navi einen Atlas zur Orientierung dabei haben, um ggf. schnell auf Al- ternativen zurückgreifen zu können. Wer sich mit dem Verkehr auskennt, weiß, wie sich Dinge in der Vergangenheit entwickelt haben. Dann hat man ein Gespür dafür, wie sie sich in der akuten Situation weiterentwickeln könnten. Das Navi hingegen informiert nur mit Zeitverzögerung über den Ist-Zustand, aus der Historie ge- lernt hat es nicht. Zielführend ist also: eine gute Vorbereitung, die „Was kann als Nächstes kommen?“

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