TOPNEWS Mai 2016

Artikel: Dirk Arning, Drescher & Cie, für BCA Investment Research

Dividenden-Saison

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Je nach Situation des Unternehmens kann es sinnvoller sein, den Unternehmensgewinn größtenteils oder vollständig im Unterneh- men zu „thesaurieren“, einzubehalten, und damit die Eigenkapi- talausstattung der Aktiengesellschaft zu verbessern. Für den Aktio- när ist dieses Geld dadurch ja nicht verloren, erhöht es doch die Substanz, konkret das Eigenkapital bzw. den „Buchwert“ des Un- ternehmens und damit jeder einzelnen Aktie. Dass Aktienkurse langfristig steigen, liegt also letztendlich vor allem daran, dass der Wert des Unternehmens durch einbehaltene Gewinne steigt. Langfristig und im Durchschnitt über verschiedene Länder und Branchen hinweg schütten Aktiengesellschaften knapp die Hälfte ihrer Gewinne als Dividenden aus, während der etwas größere Teil der Gewinne zur Finanzierung des Unternehmenswachstums dient. Mithin macht die Dividende nur knapp die Hälfte der mit Ak- tien langfristig erzielten Rendite aus. Der etwas größere Teil ergibt sich aus den Kursgewinnen. Die Höhe der Dividende und ihre Entwicklung im Zeitablauf ist deshalb zwar ein Indiz für den wirtschaftlichen Erfolg des Unter- nehmens, kann im Einzelfall aber auch von anderen Faktoren überlagert werden. Eine Auswahl von Aktien allein nach ihrer Divi- dende oder dem Verhältnis von Dividende zu Aktienkurs, der soge- nannten Dividendenrendite, ist deshalb keine gute Strategie. So zahlen Wachstumswerte wie viele Technologieunternehmen oft keine oder nur eine vergleichsweise geringe Dividende und wür- den bei einer reinen Orientierung an der Dividendenrendite selten ausgewählt. Fonds, die erklärtermaßen „Dividendenstrategien“ verfolgen, stellen deshalb nicht allein auf die Höhe der Dividen- denrendite ab, sondern würdigen die Kontinuität der Gewinnaus- schüttungen und ihr Wachstum. Dividende als Selektionskriterium

Die Schere hat sich weit geöffnet: Während die Zinsen den Null- punkt erreichen und der Unmut über entgangene Zinseinnahmen größer wird, erreichen die Dividendenzahlungen neue Rekord- höhen. Doch Dividenden sind nicht die neuen Zinsen. Wer bei seiner Anlagestrategie auf Dividenden setzt, sollte die Besonder- heiten dieser Erträge verstehen. Während Zinsen die Vergütung für die Überlassung von Fremdka- pital sind, sind Dividenden die Vergütung für die Überlassung von Eigenkapital. Daraus ergeben sich die Gemeinsamkeiten, aber auch schon der wesentliche Unterschied: Für die Höhe der Zinsen gibt es eine feststehende Vereinbarung; Dividenden hängen dage- gen vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ab. Die Divi- dende ist der Teil des Unternehmensgewinns, den eine Aktienge- sellschaft an ihre Eigentümer, also die Aktionäre, ausschüttet. Auch wenn sich eine Aktiengesellschaft selbst auf eine Dividenden- politik festgelegt hat, beispielsweise in Form einer bestimmten Ausschüttungsquote, bleibt die Dividende doch grundsätzlich eine variable Größe, die von der Höhe des Unternehmensgewinns ab- hängig ist. Formal entscheiden die Aktionäre selbst darüber, wie viel Dividende sie erhalten. Praktisch folgen die Dividendenbe- schlüsse den Vorschlägen des Managements. In der Regel wird eine Aktiengesellschaft ihre Gewinnausschüttung danach bemessen, welchen Teil ihres Überschusses sie nicht für Investitionen oder die Bedienung von Fremdkapital verwendet. Unternehmen, die stark wachsen, sich entschulden wollen oder hohen Investitions- bedarf haben, schütten deshalb keine oder nur eine geringe Divi- dende aus. Benötigt ein Unternehmen seine Gewinne dagegen nicht zur Erhöhung seines Eigenkapitals, kann es bis zu 100 Pro- zent seines Gewinns (nach Zinsen und Steuern) als Dividende ausschütten. Es kommt sogar vor, dass Unternehmen mehr als ihren Gewinn, also Teile ihrer Substanz ausschütten, beispielsweise wenn absehbar ist, dass der Verlust durch außerordentliche Be- lastungen entstanden ist und sich nicht jedes Jahr wiederholen dürfte, so bei Rückversicherungskonzernen, die in einzelnen Jahren durch besonders schwere Schadenfälle belastet werden. Zu hohe Ausschüttungen könnten allerdings die Handlungsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gefährden. Dividenden – das unbekannte Wesen

Dividenden auf Rekordniveau

Während Zinsanleger auf Nullkost gesetzt sind, wird für Dividen- denempfänger üppig aufgetischt. Beispielsweise zahlt die Hälfte der 30 im Deutschen Aktienindex (DAX) enthaltenen Unterneh- men ihren Anteilseignern mehr Dividende als je zuvor aus. Die guten Geschäftsergebnisse des Jahres 2015 machen es mög-

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